Hauptpfarrkirche St. Marien, Prenzlau

Hauptpfarrkirche St. Marien, Prenzlau

Wiederherstellung der Einwölbung

 

Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Prenzlau

Projektzeitraum: 2017-2020

Baukosten: ca. 3,5 Mio. EUR

Status: Einzeldenkmal

Geschichte

Mit ihren fast 70 Metern Höhe überragen die Türme der evangelischen Hauptpfarrkirche St. Marien die Stadt Prenzlau. Bereits die Dimensionen der dreischiffigen gotischen Backsteinkirche, die von 1289 bis 1340 in zwei Bauabschnitten errichtet wurde, zeugen von der Bedeutsamkeit des Sakralbaus: Die großräumig angelegte und in sieben Joche unterteilte Kirche ist 54 Meter lang, 25 Meter breit und 43 Meter hoch (Höhe des Dachfirstes). Die reichen Verzierungen der Kirche finden ihren Höhepunkt am filigranen Maßwerkgiebel der östlichen Fassade. Ende des 14. bis Anfang des 15. Jahrhunderts folgten südlich die Anbauten der Margareten- und Christophoruskapelle sowie zweier Vorhallen auf der Nord- und Südseite.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs brannte die Kirche bis auf die Umfassungsmauern aus, das Dachwerk und die Gewölbe stürzten ein. Nach einer Notsicherung des Giebels in der Nachkriegszeit zieht sich der schrittweise Wiederaufbau der Kirche bis heute hin.

Projektbeschreibung

In einer Rekordzeit von nur 20 Monaten wurden die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gewölbe der Prenzlauer Hauptpfarrkirche wiederhergestellt. Erster Schritt war es, die Gewölbegeometrie der Prenzlauer Kirche genau zu rekonstruieren. So wurden vergleichbare Gewölbe stilistisch zeitgleicher Kirchen aufgemessen und deren Maße und Proportionen auf die räumlichen Verhältnisse der Marienkirche übertragen. Der Verlauf der Rippenbögen konnte durch Rückentzerrung historischer Messbilder im Wesentlichen rekonstruiert werden. Jedes Joch ist minimal anders.
Neben dieser präzisen Planung im Kontext des Bestandes sind auch heute traditionelle handwerkliche Techniken gefragt. Die Gewölbe werden Stein für Stein über hölzerne Lehrgerüste aufgemauert, die einer Art dreidimensionaler Schablone gleichkommen. Erst durch einen Schlussstein in der Mitte der sich kreuzenden Rippen, der von dem regionalen Künstler Jörg Steinert neu gestaltet wurde, werden sie in sich stabil. Die Gewölbekappen werden frei ausgemauert.

In ihrer Form und im Material Ziegel nehmen die neuen Gewölbe das historische Vorbild auf. Die farbliche Fassung der Kappen in einer weißlichen Kalktünche tritt jedoch in bewussten Kontrast zu den rohen steinsichtigen Wänden – die Gewölbe sind eindeutig als neue Zutat erkennbar. Die ziegelsichtigen Rippen schaffen eine Verbindung der Elemente. Im Vorfeld der Baumaßnahmen hatten restauratorische Untersuchungen keine eindeutig belegbaren Befunde geliefert, so dass auf eine historisierende Gestaltung verzichtet wurde.

Um die Bauarbeiten in 16 bis 23 Metern Höhe durchzuführen, wurde das Kirchenschiff innen komplett eingerüstet. Für das besonders erschütterungsarme Modulgerüst wurde ein eigenes statisches Konzept entwickelt: Der Fußboden, unter dem sich zahlreiche Grüfte, Hohlräume und andere archäologische Verwerfungen finden, ist nicht an allen Stellen gleich tragfähig. Die Lasten wurden über eine ausgeklügelte Stahlträgerkonstruktion abgeleitet.

 

Planungsaufgabe
  • Rekonstruktion eines Gewölbes anhand unterschiedlicher Quellen und Voruntersuchungen (bauhistorisch, restauratorisch, fotogrammetrisch etc.)
Bauaufgabe
  • Neubau des Kreuzrippengewölbes nach historischem Vorbild

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