Im Ranking um die Region mit der dünnsten Bevölkerungsdichte belegt die Prignitz mit 35 Einwohner*innen je Quadratkilometer bundesweit Platz Eins. Mit 209 Kirchen verfügt sie zugleich über eine der höchsten Kirchendichten – in nahezu jedem Dorf steht eine Kirche. Perfekte Ausgangsbedingungen, um über die prekäre Zukunft der vielerorts kaum genutzten Gebäude nachzudenken. So kamen am 8. September 2023 rund 160 Teilnehmende zur zweiten Edition der Dorfkirchen-Tagung in die abseits, wie idyllisch gelegene Klosterkirche Stift Marienfließ in Stepenitz. Im Vorfeld der Tagung fand als Impulsgeber eine interdisziplinäre Sommerakademie mit Studierenden aus Architektur, Stadt- und Regionalplanung sowie Soziologie statt.
Für beide Veranstaltungen haben wir je ein Booklet zur Dokumentation entwickelt. Das Booklet der Dorfkirchen-Tagung wählt die Form eines Fragenkataloges, als Einladung und Inspiration zu gemeinwohloriertierten Gruppenprozessen. Denn über die Zielrichtung herrschte Konsens während der Tagung: Oftmals sind die Kirchen die letzten öffentlichen Räume inmitten der Dörfer und bieten so räumliche Potentiale, um wieder Leben in der zersiedelten Ortsmitte zu etablieren. Um passende Nutzungen für den vielfältigen Gebäudebestand zu finden, ist eine einleitende Projektphase hilfreich; eine Zielfindungsphase, in der mit allen Akteuren gemeinsam die Aufgabenstellung erarbeitet wird. Klingt gut, aber wie funktioniert das konkret? Was sind die ersten Schritte? Der erste und wichtigste Schritt ist es, sich von starren Handlungsanweisungen zu verabschieden, kurz durchzuatmen, um sich dann auf einen ergebnisoffenen Prozess einzulassen – und die richtigen Fragen zu stellen.
Das Booklet der Sommerakademie zeigt die Ergebnisse einer Woche intensiver Zusammenarbeit von Studierenden aus drei unterschiedlichen Fachrichtungen. Exemplarisch standen fünf Kirchen aus der Region im Fokus, die in Exkursionen auf verschiedenen Maßstabsebenen beleuchtet wurden. Vom Einzelobjekt Dorfkirche, über ihre Verbindung mit dem Dorfplatz, hin zum ganzen Dorf und in die Region. Kurzum, es wurde rein- und rausgezoomt, Querverbindungen geschlagen und so neue Perspektiven und Denkmodelle gefunden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Dorfkirchen insbesondere auf Ebene des einzelnen Objektes betrachtet. Das maßstabsübergreifende Denken erlaubt es uns, den kostbaren Schatz der Dorfkirchen als größeres Phänomen zu begreifen.
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Veranstalter: Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Evangelischer Kirchenkreis Prignitz
Kooperationspartner: Krekeler Architekten, FH Potsdam, FAU Erlangen, BTU Cottbus, Landesverband Brandenburg des Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA), Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK)
Förderer: Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg, Förderverein Baukultur Brandenburg, Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, Brandenburgische Architektenkammer, Brandenburgische Ingenieurkammer, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Themenjahr „Baukultur leben – Kulturland Brandenburg 2023“ (gefördert von MFWK, MIL, Sparkasse, ILB)
Fotos: Berno Buff